Neugierig werden auf Musik von Mauricio Kagel

So, 16.4.00, 12:00 Uhr, Klangbrücke Aachen

Biographie Mauricio Kagel

Mauricio Kagel wurde am 24. Dezember 1931 in Buenos Aires geboren. Väterlicherseits entstammt er einer russisch-deutschen, mütterlicherseits einer russisch-ukrainischen Familie.

Veranlasst durch die Judenpogrome in Russland, die nach der Oktoberrevolution stattfanden, waren seine Eltern in den 20er Jahren nach Argentinien ausgewandert. Das familiäre Milieu - Kagels Vater war Buchdrucker - wurde durch europäische Emigranten (Literaten, Architekten, Fotografen) geprägt, das lokale Milieu von Buenos Aires durch ein reichhaltiges Musikleben, zahlreiche kulturelle Anregungen und Vielsprachigkeit.

Vier Faktoren lassen sich ausmachen, die Kagels argentinische, seit Beginn gleichsam polyphone Biographie beeinflusst haben: die europäische Kunstmusik, die Literatur, der Film, die sprachliche und kulturelle Umwelt Südamerikas.

1. Ab dem siebten Lebensjahr erhält Kagel einen gründlichen Klavierunterricht, zuletzt bei Vincenzo Scaramuzza (einem Schüler von K. Tausig und damit Enkel-Schüler von Liszt). Später treten Violoncello, Klarinette und Gesang hinzu, die Lehrer sind Musiker des Teatro Colón. Dirigieren lernt Kagel bei Theodor Fuchs (einem Schüler von R. Heger). Ab 1949 wirkt Kagel als Interpret und Organisator bei der von Juan Carlos Paz geleiteten "Agrupación Nueva Música" mit, die die wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts in Buenos Aires aufführt.

Kagel, dessen Werkverzeichnis 1950 beginnt, ist am stärksten von Schönberg beeindruckt. Zu musikpraktischen Tätigkeiten gehören die Leitung von Laienchören und 1955 bis 1957 ist Kagel zunächst Korrepetitor am Teatro Colón unter Erich Kleiber, später Dirigent der dortigen Kammeroper.

2. Kagels Jugend wurde zugleich bestimmt von intensiver literarischer und musikliterarischer Lektüre (er selbst nennt die Monteverdi-Monografie von H.F. Redlich und die Arbeiten von C. Sachs entscheidend). Belletristische Beschreibungen von Musik führen zu ersten kompositorischen Umsetzungen.

Nach dem Abitur nimmt Kagel ein geisteswissenschaftliches Studium an der Universität von Buenos Aires (mit dem Schwerpunkt auf Literatur und Philosophie) und an der Freien Hochschule für Höhere Studien auf. Sein wichtigster Lehrer dort ist Jorge Luis Borges, dessen strukturalistisches Denken, dessen Enzyklopädismus und dessen Begriff von Literatur als Fort- und Umschreiben der Geschichte Parallelen zu Kagels späterem Oeuvre aufweisen. Daneben unterhält er persönliche Kontakte zu Witold Gombrowicz.

3. Die dritte biografische Linie Kagels beginnt bereits in der Kindheit, denn in unmittelbarer Nachbarschaft befanden sich die Studios einer argentinischen Filmgesellschaft. Häufige Beobachtungen der Dreharbeiten - unter anderem als Statist - führen Kagel zu der Einsicht, dass narrativer Realismus nichts anderes ist als ästhetischer Schein, dass die visuelle und auditive Ebene des Films getrennt behandelt werden können und dass die erzählerische Kontinuität der Einstellungsfolgen im Prozess der Produktion zumeist aufgehoben ist. Aus Resten und Abfällen höchst unterschiedlicher Filme setzt Kagel erste eigene Streifen zusammen. Von den beiden in Argentinien selbst gedrehten Filmen fällt der erste - nach dem Borges-Gedicht "Muertes de Buenos Aires" - der peronistischen Zensur zum Opfer.

1950 ist Kagel Mitbegründer der argentinischen Cinemathèque, 1952 bis 1956 Kritiker für Film- und Fotozeitschriften. Bei der südamerikanischen Umwelt schließlich ist es die Funktionalität der musikalischen Folklore besonders Argentiniens und Brasiliens, die Kagel interessiert und die er als Teilnehmer ethnologischer Feldforschung erkundet.

4. Der zweite lebensweltliche Bestandteil ist die Sprache, die Kagel als Vielsprachigkeit im Alltag von Buenos Aires und ebenfalls als Originalsprachen in Oper und Film erlebt, eine Vielsprachigkeit, deren Fehler bei mündlichen Sprechakten er eine Quelle der Kreativität nennt. Dem Rat von Pierre Boulez, der sich mehrfach in Buenos Aires aufhielt, folgend, fasst Kagel den Plan, nach Europa auszuwandern.

Am 30. September 1957 trifft Kagel mit seiner Ehefrau, der Bildhauerin Ursula Burghardt, in Deutschland ein (deutsche Staatsbürgerschaft seit 1980).

Er nimmt bis heute Wohnsitz in Köln, wo er im Elektronischen Studio des Westdeutschen Rundfunks arbeitet und gleichzeitig Kommunikationswissenschaft bei Werner Meyer-Eppler an der Universität Bonn studiert.

Neben dem umfangreichen Schaffen als Komponist sowie als Dirigent und Regisseur eigener Werke widmete sich Kagel immer wieder pädagogischen Tätigkeiten: 1960 bis 1966 Dozent bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt, 1964/65 Slee Professor für Komposition an der State University of New York in Buffalo, 1967 Gastdozent an der Film- und Fernsehakademie Berlin, 1968 Leiter der Skandinavischen Kurse für Neue Musik in Göteborg, 1969 bis 1975 Leiter der Kölner Kurse für Neue Musik, 1974 bis 1997 Professor für Neues Musiktheater an der Musikhochschule Köln, 1998 Composer in Residence beim Tanglewood Music Festival.

Zu seinen Schülern zählen u.a. Carola Bauckholdt und Manos Tsangaris.

Vortrags- und Konzertreisen führen Kagel 1963 in die USA, 1973 mit dem "Kölner Ensemble für Neue Musik" durch den Vorderen Orient und Asien, 1974 durch Südamerika, die USA und Kanada.

Seit 1977 finden zahlreiche Retrospektiven des Kagelschen Werkes in Europa, Kanada, den USA und Japan statt.

Die Arbeit Kagels ist häufig mit Preisen ausgezeichnet worden, darunter der Preis der Koussevitzky-Music-Foundation (1965), Preis der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (1966, 1972), Adolf-Grimme-Preis (1970, 1971), Karl-Sczuka-Preis (1970, 1995), Prix Italia (1977, 1985), Hörspielpreis der Kriegsblinden (1979), Mozart-Medaille der Stadt Frankfurt (1983), Commandeur dans "L'Ordre des Arts et des Lettres de la République Francaise" (1985), Premio Ianni Psacaropulo (1989), Erasmus-Preis (1998), Prix Maurice Ravel (1999), Ernst von Siemens Musikpreis (Die Bayerische Akademie der Schönen Künste überreicht ihm diese hohe Auszeichnung am 20. Juni 2000 bei einem Festakt im Münchner Cuvilliéstheater).

Zum Werk Kagels

Schon der Jüngling pflegte die Gleichzeitigkeit verschiedenster Aktivitäten: Erste Kompositionen (nach 1950), Mitbegründer der Cinémathèque Argentine, Film- und Photokritiken, Studium der Literatur (unter anderem bei Jorge Luis Borges) und Philosophie (wo Kagels Hauptinteresse Spinoza galt), Korrepetion in der Oper. Alleine diese bis heute bestehende Vielseitigkeit macht das Schaffen von Mauricio Kagel unvergleichlich, wie sie sich in der Komposition von Orchester-, Vokal-, Klavier- und Kammermusik, in zahlreichen höchst unterschiedlichen Bühnenwerken, in bislang siebzehn Filmen und elf Hörspielen dokumentiert.

Nach dem frühen Hauptwerk, der absurden Kantate ANAGRAMA, wurden das musikalische Theater und die Theatralisierung der Musik zu Kagels Domäne. Um 1960 begründete er das Instrumentale Theater, indem er zum Beispiel das Auftreten der Spieler inszeniert (so im STREICHQUARTETT I/II) oder indem er Rhythmen eines Schlagzeugquintetts für fünf Gehende umfunktioniert (PAS DE CINQ) oder allein Bühnenbilder ein stummes Theater vollführen läßt (DIE HIMMELSMECHANIK).

Weitergeführt wird der von ihm geprägte Typus des modernen Musiktheaters mit seinem 1962 geschriebenen Stück "SUR SCÈNE", das er als "kammermusikalisches Theaterstück" bezeichnete.

Das Instrumentale Theater basiert auf einer direkten Wechselbeziehung von Musik und Szene unter Verzicht auf eine sprachlich vermittelte Handlung und hat die Identität von Instrumentalisten und Schauspielern zur Voraussetzung. Zum einen werden gestische und affektive Momente des Musikmachens und -rezipierens in zumeist parodistischer Absicht verselbständigt und szenisch vergegenwärtigt. Zum anderen wird, der Idee einer sichtbaren Musik folgend, die szenische Aktion musikalischen Gestaltungsprinzipien unterworfen.

Kompositorisch versteht sich das Instrumentale Theater somit nicht nur als Festlegung eines klanglichen Resultats, sondern zudem auch des Ablaufs eines musikalischen Produktionsprozesses. Szenisch vergegenwärtigt wird beispielsweise in Kagels MATCH (1965) die Wettstreitsituation zweier Cellisten vor einem Schlagzeuger als Schiedsrichter bei dem er zum Cellospiel so ungewöhnliche Tätigkeiten wie Würfelspiel hinzufügt. All das kulminiert in der epochalen Aktion des STAATSTHEATER, die deshalb Geschichte gemacht hat, weil hier zum ersten Mal die Oper (mit all ihrer Illusion, Mechanik und realen Arbeit) sich selbst zum Gegenstand hat: mittels eines beliebig ausschöpfbaren Fundus bizarrer Aktionen und ungewohnter Klangerzeugungen geht es um die eingefleischten Verhaltensweisen des Künstlerpersonals eines Opernhauses.

Im INSTRUMENTALEN THEATER, in Film und Hörspiel hat Kagel die Prinzipien der musikalischen Komposition, besonders das Denken in Reihen und Proportionen, auf "nicht-klingende Materialien" ausgedehnt.

Seit Beginn der 70er Jahre, seit dem Beethoven Film LUDWIG VAN, dominiert freilich in Kagels kompositorischer Beschäftigung mit der Tradition von Bach bis Brahms, in der er auch Formen der Unterhaltungsmusik einbezieht, die Musik selber. In den VARIATIONEN OHNE FUGE... übersetzt Kagel Brahms' Händel-Variationen - übrigens unter getreuer Beibehaltung des Originals - in die Atonalität, ebenfalls 49 der 371 vierstimmigen Choräle Bachs (CHORBUCH). Das hier wirksame und für Kagel bedeutsamste Kompositionsprinzip, die Montage, findet in AUS DEUTSCHLAND - EINE LIEDER-OPER Anwendung auf eine Reihe geläufiger Klavierlieder, die er gleichsam auseinanderschneidet, neu zusammensetzt und auf der Bühne, wo auch Schubert selbst erscheint, inszeniert. Vollends zum tönenden Historiker wird Kagel in der SANKT-BACH-PASSION, die die Vita Bachs musikalisch nacherzählt.

Daß Kagel auch in seiner Beschäftigung mit der musikalischen Tradition ein universalistischer Komponist bleibt, mag eine Seitenlinie seiner Arbeit andeuten, die "akustische Theorie", zu der etwa das szenische, wenig fromme Oratorium DIE ERSCHÖPFUNG DER WELT oder LA TRAHISON ORALE, eine Montage aus Teufels-Geschichten zählen. Seit Beginn der 80er Jahre wendet sich Kagel verstärkt dem Formenkanon der Tradition zu. Etwa RRRRRRR..., eine Sammlung von 41, alle mit "R" beginnenden Charakterstücken (wie RHEINLÄNDER, RHAPSODIE oder RÉJOUISSANCE) oder im bisherigen Hauptwerk dieser Entwicklung, dem III. STREICHQUARTETT. Er prüft gleichsam die Vergangenheit auf ihre Tauglichkeit für die Gegenwart, wobei er indes seine ästhetische Maxime, aus eindeutigen Details vieldeutige Zusammenhänge herzustellen, in keiner Weise preisgibt.

Eines der Grundprinzipien Kagels im Umgang mit der Tradition könnte auf die Formel "Gewöhnung und Verstörung" gebracht werden. Häufig setzt Kagel nämlich bei bekannten Mustern an, um sie allein schon durch einen ungewohnten Kontext zu verfremden. Oder er schafft Erwartungen, zum Beispiel kraft rhythmischer Regelmäßigkeit, die uns rasch annehmen lassen, so gehe es immer weiter, um dann solche Erwartungen durch ein Spiel ständig wechselnder Täuschungen zu durchkreuzen. Die Benutzung historischer Vorlagen, die unsere Hörgewohnheiten geprägt haben, erlaubt, das Repertoire konditionierter Klangreize eines jeden zu verunsichern. Alle Reminiszensen an die Vergangenheit dienen in den Werken Kagels daher der Aktivierung solcher Wahrnehmungsmuster bei gleichzeitiger Imitation. Seine Musik, die zum Hören, zum Sehen und zum Denken herausfordert, provoziert dazu, Vorurteile in Zweifel zu ziehen. Kagel, vermutlich einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart, ist mit Sicherheit ihr skeptischster, dialektischster, paradoxester.

Fragmente aus einem Kagel-Interview mit Werner Klüppelholz (1991)

Ich habe mich gegen die Umsetzung von Literatur in Musik gesträubt, weil jene dabei nur verlieren kann.

Dem westlichen Menschen scheinen die mystischen Voraussetzungen für eine transzendentale Meditation offenkundig zu fehlen, weil er gewohnt ist, in der Religion das theatralische Moment hervorzuheben.

"Anfang der 80er Jahre haben Sie die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Sind Sie ein deutscher Komponist"? Das ist eine komplizierte Frage... Sicherlich bin ich ein Komponist, der je nach Laune, Wissensstand, Sympathie des Schreibenden als Südamerikaner, Argentinier, Deutschargentinier, Deutscher, Kölner, Wahlkölner oder einfach als Jude apostrophiert wird.

Wenn viele meiner Partituren Momente des Ergriffenseins enthalten, so steht dahinter meine Überzeugung, man müsse sich nicht schämen, von Musik berührt zu werden. Das hat in der Avantgarde und im Feuilleton Mißverständnisse und Naserümpfen hervorgerufen. Wenn sich auch heute die Haltung von Komponisten und Kritikern in diesem Punkte geändert hat, so nicht meine Ansicht, daß authentische Mitteilungen nur möglich sind, wenn sie von aufrichtigen Empfindungen getragen werden... Töne, an denen man beim Schreiben zweifelt, wird man später sicher um so mehr bereuen. [Es ist wichtig], jenes souveräne Niveau zu erreichen, wo nur der Fluß der Musik gehört wird und weniger seine Machart, Stil, Anatomie der Form. [Ich möchte] nicht danach trachten, Bitteres zu versüßen oder Süßes zu versäuern.

Gerade in der Reduzierung der Mittel liegt das Wagnis dieses unausgesprochenen Musiktheaters. Daß nur ein Stuhl oder ein Taschentuch übrigbleiben, finde ich völlig ausreichend, wenn die Requisiten zur Potenzierung der bildhaften Darstellung von Musik dienen. Der Hörer im Zuschauer und sein Gegenpart in derselben Person sollen, wenn möglich, gleichwertig zum Zuge kommen.

Nostalgie verstopft häufig die Ohren.

Große Musik ist gleichermaßen aufregend für Kinder und für Weise... Sollte meine Musik überleben, dann nur deshalb, weil sie robust genug ist, hochspekulativen Analysen wie auch einem "naiven" Hören standzuhalten.

[In der Neuen Musik] herrschte ein Wettbewerb der Geschwindigkeit, wer am schnellsten Neues erfand. Meine Kritik konzentriert sich auf einen Punkt:... Das neue Denken durfte das alte ersetzen, jedoch zu Ungunsten der Musik.... einer der Gründe dafür ist die schwarzseherische Haltung: tonal gleich regressiv, atonal gleich progressiv...

Was mir vorschwebte, war der Umgang mit tonalen Akkorden jenseits von Schuld und Sühne. Dazu brauchte ich ein Konzept, das mir zugleich eine strenge und flexible Anwendung erlauben sollte. Das theoretische Gerüst ist unkompliziert: Ähnlich wie in der Zwölftontechnik werden Reihen von Dur, Moll, verminderten und übermäßigen Akkorden und die dazugehörigen Umkehrungen einer unendlich fortsetzbaren Tonreihe zugeordnet.... Mein Verfahren der seriellen Tonalität hat mit der Rückkehr zu einer sentimental verstandenen Tonalität oder postmodernen Beliebigkeit genauso wenig zu tun wie mit er Idee, die rechtmäßigen Erben und Dauerpächter der Zukunft wären Serialität, Zufall; Improvisation, Stilkollage oder Computermusik. Es bleibt alles im Fluß, und nichts ist voraussehbar.

[Meine grundlegende Idee mit bleibender Wirkung war die ] Gesanglichkeit. Und zwar eine solche, die man instrumentale Gesanglichkeit nennen könnte. Sie ist keine Erfindung von mir, sondern eine alte Forderung, die Conditio sine qua non, um Musik auf eine höhere kommunikative Ebene zu bringen. Sie soll sich in jedem Takt äußern, in jeder einzelnen Stimme, selbst bei einem pizzicato. Gesanglichkeit als Voraussetzung für eine geistige Konzentration durch Töne: Wer meine Partituren unter diesem Aspekt analysiert, wird finden, daß Dissonanz und Konsonanz sich gegenseitig stützen, ohne dass ich a priori eine von beiden bevorzuge.

Ich sprach von einer "unendlich fortsetzbaren Tonreihe". Man könnte sie mit einer unendlich langen Reihe von Primzahlen vergleichen. Mitte der 60er Jahre begann ich, mit einem einfachen elektronischen Taschenrechner zu experimentieren. .. Ich war an der praktischen Anwendung der Zahlenkombinatonen interessiert, das jeweilige Resultat aber bedeutete konkret nichts. Mir schwebte eine Erweiterung der Reihentechnik durch Kopplung an einen Zufallsgenerator vor, weil mich die Idee störte, Reihen bestünden einzig aus zwölf und nicht aus einer kleineren oder größeren Anzahl von Tönen.

Die Dodekaphonie baute auf der Kongruenz und Reinheit in der Anwendung des Prinzips auf: Das ist protestantischen Ursprungs. .. Hingegen ist die Tonalität mit dem Katholizismus vergleichbar.

Ich entwickelte für dieses Stück [CHORBUCH] eine Methode der nicht-linearen-Transposition auf der Basis der Choräle von J.S.: Bach. Jeder Klavier- oder Harmoniumakkord erhielt ein anderes Transpositionsintervall als der unmittelbar vorhergehende oder nachfolgende Akkord.

Einer der Gründe warum ich zum Beispiel Filme mache, liegt wahrscheinlich in der absoluten Exaktheit, mit der man Zeitdauern montieren kann... Die Montage von laufenden Bildern sollte zum festen Bestandteil des Kompositionsunterrichtes gehören. Man kann gerade am Schneidetisch viel über Rhythmen und Proportionen, also über den Umgang mit Zeit erfahren... Ich glaube sogar, daß Musikstücke, die man einhellig verschmäht, zumindest in einem wesentlichen Punkt in der Frage ihrer Proportionierung, mißlungen sind.

Wenn ich mich wirklich erschöpft ans Klavier setze, kann es sein, daß eine Mischung von musikalischer Reflexion und nachdenklicher Improvisation entsteht. Vielleicht spielt für mich das Es? ... Es ist seltsam, daß auch Jazzmusiker bei Improvisationen die Existenz eines Es betonen. Ich habe aber den Eindruck, daß die Manierismen der Routine hier eine Projektion frischer Ideen verhindern

Musik im Schlepptau von Ideologien sind mir ein Graus.

DRESSUR

Schlagzeugtrio für Holzinstrumente

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Jahr 1985

Format MAZ; Farbe

Dauer 36 Minuten

Produktion Schweizer Fernsehen DRS, Zürich

Produktionsleitung Peter Keller

Buch Mauricio Kagel

Regie Mauricio Kagel

Musik Mauricio Kagel

Ausführende Trio de Percussion Le Cercle (Willy Coquillat, Jean-Pierre Drouet, Gaston Sylvestre)

Instrumentenbau Paul de Larminat

Kamera Fredy Jung

Schnitt Elisabeth Müller

Ton Peter Schlup

Ausstattung Hans Eichin

Redaktion Armin Brunner

Drehzeit 21.10. - 26.10. 1985

Uraufführung 11.11. 1977, 6. Recontres Internationales de Musique Contemporaine, Metz (Musik)

Erstsendung 15.11. 1986, 3Sat

Musikverlag C.F. Peters, Frankfurt am Main

Auszeichnung Festival Musique en cinéma, Besançon 1986: 1. Preis

Kontakt Bernd Eichhorn, Berlin

Szenenfoto aus Blue's Blue, 1981

Mauricio Kagel mit Trinkglastrompete,

(Produktion des Schweizer Fernsehens DRS)

BLUE'S BLUE

Eine musikethnologische Rekonstruktion für vier Musiker

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Jahr 1981

Format MAZ; s/w

Dauer 31 Minuten

Produktion Schweizer Fernsehen DRS, Zürich

Produktionsleitung Rosemarie Mayer

Regie Mauricio Kagel, Adrian Marthaler

Musik Mauricio Kagel

Ausführende Jean-François Jenny-Clark (Kontrabaß), Mauricio Kagel (Gesang, Glastrompete), Michael Portal (Klarinette), Theodor Ross (Gitarre)

Kamera Walter Suter

Schnitt Trudi Saladin

Ton Werner Krakenberger

Szenenbild Hans Eichin

Maske Heinz Hartl

Fotomontage Alfred Wasescha

Redaktion Armin Brunner

Drehzeit 22.06. - 24.06. 1981

Erstsendung 16.05. 1982, DRS

Musikverlag C.F. Peters, Frankfurt am Main

Kontakt Bernd Eichhorn, Berlin