Vom Hören Neuer Musik

Vortrag mit Musikbeispielen am 17.05.98 in der Klangbrücke Aachen

zur homepage Lutz Felbick             weitere Vorträge

Der heutige Vortrag mit dem Titel "Vom Hören Neuer Musik" beginnt nicht mit langen theoretischen Erörterungen.

Lediglich eine kurze Einführung - die Sie mir gestatten mögen - ist erforderlich, um dann bald zum Hören Neuer Musik zu kommen.

Wie Sie vermutlich wissen, ist die "Emanzipation der Dissonanz" ein zentrales Thema in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Es ist sicher kein Zufall, daß diese Emanzipation und die Emanzipation des Unbewußten gleichzeitig und am gleichen Ort, nämlich in Wien am Beginn unseres Jahrhunderts, mit der Musik von Arnold Schönberg und der Psychoanalyse von Sigmund Freud in Erscheinung tritt.

Erlebnisse, die traumatischen Charakter haben, werden offen und ungeschminkt diskutiert und in den Künsten thematisiert, so z.B. bei dem Schriftsteller Peter Altenberg, dem Maler Oskar Kokoschka, dem Architekten und Stiltheoretiker Adolf Loos und bei den Komponisten und Musikphilosophen der Wiener Schule.

Das Postulat von Arnold Schönberg, Musik soll nicht schmücken, sie soll wahr sein (rororo S. 25) charakterisiert den Grundgedanken dieser neuen Ästhetik.

Ich habe deshalb eine Komposition ausgesucht, welche in ihrer Thematik ein gewisse Nähe zu der in diesem Hause befindlichen Ausstellung "Die Verbrechen der Wehrmacht" hat. Es ist das von Arnold Schönberg im Jahre 1947 komponierte Werk "A survivor from Warshaw". Dieses sog. Melodrama wurde geschrieben für Sprecher, Männerchor und Orchester. Der von Schönberg selbst verfaßte Text basiert auf authentischen Berichten und schildert den Leidensweg eines aus dem Warschauer Ghetto gerade noch mit dem Leben davon gekommenen Juden.

Am Ende des Werkes verdichtet sich die Komposition zu dem Psalmengesang des Sch’ma Jisroel (Höre Israel).

Ich lese die deutsche Übersetzung.

CD A survivor from Warshaw

Sie haben nun den Inhalt des Werkes dreimal vernommen, zunächst in Form einer kurzen Werkeinführung mit einer historischen und inhaltlichen Zuordnung, dann als Textfassung und schließlich als komplettes Werk. Ich denke, die Intension des Komponisten hat sich vermittelt. Bei jedem wiederholten Hören würden Sie nun weitere Details vernehmen können.

Arnold Schönberg, der als die zentrale Initialisierungsfigur der sog. "Neuen Musik" gilt, hat dieses hörpädagogische Verfahren des mehrfachen Präsentierens von schwierigen Werken selbst in seinem 1918 gegründeten "Verein für musikalische Privataufführungen" angewandt. Er hat immer wieder versichert, daß ihm die Rezeptionsproblematik seiner Musik sehr wohl bewußt ist. Diese Problematik ist sehr vielschichtig. Einiges davon möchte ich heute ansprechen. Vorweg darf aber ein grundsätzlicher Aspekt nicht übersehen werden, daß nämlich traumatische Inhalte wie sie sich beispielsweise in diesem Werk auftun, gerne verdrängt werden. Schwierig wird es vor allem, wenn eine andere Hörerwartung vorliegt. Wer ins Konzert geht und sich auf einen schönen Kulturabend nach einem anstrengenden Arbeitstag freut, liegt bei so einer Musik verständlicherweise falsch. Auseinandersetzung mit dem Werk und Konfliktbereitschaft ist natürlich Voraussetzung eines solchen Hörens.

Mir selber hat sich das Werk auch nur durch intensive Beschäftigung mit Text und der Musik zunehmend erschlossen. Auch dies konnte ich nur zu einem Zeitpunkt, an dem mir eine entsprechende Energie zum Verarbeiten des Stoffes zur Verfügung stand. Dabei tun sich natürlich für Notenkundige durch das Studium des Notenmaterials im Zusammenhang mit der in diesem Werk verwendeten sog. Zwölftontechnik fast unendliche weitere Möglichkeiten des musikalischen Verstehens auf - Musikalisches Verstehen im Sinne eines Nachvollziehens von Melodiebildungen, Rhythmen, Formen, Dramaturgie, Instrumentierung usw. Aber musikalisches Verstehen kann vielfältig geschehen.

.....VOM HÖREN NEUER MUSIK

Es geht heute um das Hören, genauer um das Zuhören.

Es geht um die MECHANISMEN des Zuhörens,

Es geht um die Mechanismen der Wahrnehmung.

Ich möchte einen deutlichen Schnitt machen und von der Musik Schönbergs zu einem anderen Aspekt kommen, einem Aspekt, den Sie vielleicht in diesem Zusammenhang nicht erwarten.

Untersucht man nämlich die Grundlagen der auditiven Wahrnehmung, so muß die Wahrnehmung der gesprochene Sprache als das zentrale akustische Kommunikationsmedium eingeschlossen werden. Untersuchungen haben gezeigt, daß es zwischen dem Verstehen von Sprache und Musik viele Gemeinsamkeiten gibt.

Konkret:

· Stellen sie sich vor, Sie seien in einer fremden Stadt und fragen nach dem Weg zum Stadttheater. Es geht um Kommunikation, bei der die Intension des Senders beim Empfänger verarbeitet werden soll. Was kann in diesem Kommunikationsprozeß alles geschehen?

· Welche Beschaffenheit und Struktur muß die die versandte Botschaft haben?

· Welche Disposition ist beim Empfänger nötig, um die Sendung zu empfangen?

· Welche Störungen sind innerhalb dieses Kommunikationsprozesses denkbar?

· Wie groß ist die Interpretationsbreite des Übermittelten?

· Ist ein Kommunikationsprozeß überhaupt von seiten des Senders oder von seiten des Empfängers gewollt?

· Welche Ebenen der Kommunikation sind denkbar?

Aus der Fülle der möglichen Fragestellungen und der möglichen Antworten können wir heute nur einiges anreißen.

Fangen wir mit der letzen Fragestellung an: Welche Ebenen der Kommunikation sind denkbar?

Sie stellen sich also vor, Sie fragen nach dem Weg zum Stadttheater und Sie haben das Glück, daß Ihnen eine Ihnen sehr sympathische Dame respektive ein sympathischer Herr begegnet. Mit großen Augen werden Sie angeschaut und der Weg wird Ihnen sehr ausführlich mit einer so angenehmen Stimme erklärt, daß Sie fast dahinschmelzen. Sie hören gar nicht auf den Inhalt, wie ursprünglich vorgesehen, sondern für Sie ist nur der Klang und der Rhythmus des Gehörten wichtig. Am Ende haben Sie keine Lust mehr ins Theater zu gehen, Sie möchten lieber Essen gehen und Sie wissen auch schon mit wem....

2. Fall (etwas nüchterner)

Jemand antwortet (unrhythmisch): Ist ganz einfach zu erklären:

2x rechts, 2x links 2x rechts, 2x links 2x rechts, 2x links 2x rechts, 2x links 2x rechts, 2x links.

Damit haben Sie nicht gerechnet: Eine Fülle von Information, die sich aber letztlich als strukturiert herausstellt. Sie werden fragen: Also wie oft jetzt rechts und und wie oft links? Wenn Ihr Gegenüber jetzt - vielleicht unterstützt durch eine kleine strukturelle Einführung und einer helfenden Gestik das Ganze wiederholt, werden Sie sicher Ihren Weg finden. "Der Weg ist einfach, wenn Sie sich den regelmäßigen Wechsel zwischen Rechts- und Linksabbiegen merken: Wiederholen mit "zählenden Fingern".

Aufgrund der gegebenen Hilfen waren sie in der Lage, das Gehörte adäquat zu verarbeiten. Und auf das adäquate Zuhören kommt es an. Der angestrebte Kommunikationsprozeß kam zustande.

3. Fall

Jemand antwortet schnell und hastig:

Also: 4x rechts, einmal an der Ampel links, dann 300m geradeaus, an der Tankstelle halblinks, dann bis 100 m zu einer Allee ich glaube so Pappel...artig...?oder ...? auf jeden Fall dann noch 2x links, und einmal rechts da ist so ein ...so ein ...? Naja Sie werdens ja schon finden!

Diese Informationen können Sie vermutlich beim ersten Hören nicht verarbeiten. Werden Sie jetzt noch mal fragen? Hatte ihr Gegenüber überhaupt Interesse, mit Ihnen zu kommunizieren?

4. Fall mit Gestik (wieder freundlich)

Gehen sie einfach hier diese Straße bis zum Ende durch, da sehen Sie die Hauptpost, dann rechts auf den Kaufhof zu und sofort wieder die erste links, dann stehen sie unmittelbar vor dem Theater.

Was hat das mit Musik oder mit dem Hören Neuer Musik zu tun, abgesehen davon daß der vorletzte Fall aus zwölf verschiedenen Informationseinheiten bestand, was möglicherweise auf die Wahrnehmung von Zwölftonmusik hinweisen könnte...

Beginnen wir mit Fall vier.

Gegeben ist eine einfache Struktur und man kann voraussetzen, daß die konkreten und allgemein bekannten Begriffe Hauptpost und Kaufhof Assoziationen hervorrufen, die die Rezeption erleichtern. Die Erklärungen sind kurz, einprägsam und leicht nachvollziehbar.

Könnten Sie auf die gleiche Weise folgende Melodie im Gedächtnis behalten und somit als Melodie "verstehen"? Von dem Lied Happy birthday werden zwei Phrasen gespielt.

Es handelte sich wieder um 12 Einheiten, um 12 Töne. Bei der bekannten Melodie reichten schon wenige Töne aus, um sich in die Struktur einzuschwingen. Forscher sprechen von redundanter Information. Redundanz bedeutet überflüssige Information: ich könnte auch den zweiten Teil des Abschnittes weglassen, Sie würden trotzdem erkennen um welche Melodie es sich handelt. Redundanz erleichtert die Wahrnehmung.

Auch diese Melodie könnten sie vermutlich behalten, obwohl Sie sie nicht kennen.

(gleicher Rhythmus wie eben):

c c b a g a

c c b a g f

Es handelt sich wieder um zwölf Töne.

Nächstes Beispiel

bach fis f as g d cis e es

Vielleicht könnten Sie hier die Kontur der Melodie verstehen und sogar nachahmen, aber wären Sie ganz sicher, dabei die exakte die Tonhöhe zu treffen? Ein Musiker, der sich einhört, hat hier natürlich den Vorteil, daß er Tonsatzstrukturen versteht und auf sein mus. Allgemeinwissen zurückgreifen kann. Er wird sagen, daß sei doch das bekannte Tonsymbol von Johann Sebastian Bach, welches hier auf die einzelnen Töne eines abwärts gespielten übermäßigen Dreiklang transponiert wird. Nun gut...

Nächstes Beispiel (rechte Hand Obertasten linke Hand Untertasten 12 Töne links beginnen, schnell gespielt.

Keiner unter Ihnen auch nicht Musiker werden diese Melodie auf die gleiche Weise leicht "verstehen" können wie die zuerst gespielten Beispiele. Woran liegt das?

Beim Hören von Sprache und beim Hören von Musik sind wir - das haben wir gesehen - immer auf unser Gedächtnis angewiesen. Während ich einem gesprochenen Satz zuhöre, muß ich mir die gehörten Worte merken um sie dann mit Hilfe meines intuitiv arbeitenden syntaktischen Wissens zu einer sinnvollen Aussage zu ordnen. Ich denke, man wird beim Hören anderer akustischer Ereignisse diesen Wahrnehmungsmechanismus nicht ohne weiteres ausschalten können.

So spricht beispielsweise der Musiktheoretiker und Hörforscher Hugo Riemann auch von einer musikalischen Syntax und betont die Bedeutung des Gedächtnisses. Auch Schönberg schreibt in seinem Buch "Stil und Gedanke": "Es gibt keinen Zweifel über den Augenblick, in dem ein Mann beginnt, an einem Schlager oder einem Tanz Gefallen zu finden. Das passiert dann, wenn er sich an ihn zu erinnern vermag. Wendet man dieses Kriterium auf die ernste Musik an, wird klar, daß man nur an ihrem Duft Gefallen findet, es sei denn man könne sie sich merken. Erinnern ist der erste Schritt zum Verstehen" (S.141).

Die wahrgenommenen Frequenzen z.B. einer einfachen Melodie werden memoriert und mittels einer Kategorisierung verarbeitet. Dabei müssen die Leistungen des Kuzzeitgedächtnisss von denen des Langzeitgedächtnisses unterschieden werden. Unser Kurzzeitgedächtnis kann ein paar Worte oder Töne speichern. Wenn dann aus unserem Langzeitgedächtnis, aus unserem strukturierten Wissen, eine unterstützende Hilfe kommt, fällt es uns leichter, Gehörtes zu verarbeiten. In einer Forschungsarbeit stellt MILLER 1956 fest, daß die magische Zahl sieben (+-1/2) eine Grenze der Verarbeitung für das Kurzzeitgedächtnis darstellt. Man kann sieben voneinander unabhängige Informationen behalten und verarbeiten. Allenfalls durch den Vorgang des sog. "chunking", also durch Gruppenbildung kann diese Grenze übersprungen werden. Das möchte an einigen Beispielen vedeutlichen.

1. Zahlenfolge 111 222 333 444

2. Zahlenfolge 9 9 9 10 10 10 10

1 1 1 2 2 2

3. Zahlenfolge 0241 / 501368 / 20114 / 35349

Das zusammenfassende oder strukturerkennende chunking kann mehr oder weniger evident sein oder durch das abrufbare Wissen des Langzeitgedächtnisses konstruierbar sein. So ergibt sich das, was wir strukturellen Sinn nennen. Das chunking des ersten Beispiels mit 12 Einheiten ist evident: 111 222 333 444. Das zweite Beispiel - wieder 12 Einheiten erfordert strukturelles Mitdenken. Das dritte Beispiel ist für Aachener Musiker, die eine Nähe zur GZM haben, ohne weiteres zu verarbeiten. Es handelt sich um die Telefonnummer der hiesigen KLANGBRÜCKE und um die Tel.-Nr. von zwei aktiven Mitgliedern unserer GZM. Durch intuitiv oder bewußt wahrgenommene Struktur können somit weit mehr als zwölf Einheiten verarbeitet werden. Die Wahrnehmung ist kein Problem...

Für den einen ist es eine Fülle von unsystematischen Zahlen, für den anderen sind es drei bekannte Tel.Nummern.

Nächstes Beispiel: Melodie mit Oktavversetzungen spielen.....

Erkennen Sie die Melodie...??

Sie kennen doch das Lied Der Mond ist aufgegangen. Hören sie noch einmal....Wiederholung ....

Durch Ihr jetzt vorhandenes strukturelles Wissen hat sich Ihre Wahrnehmung vermutlich verändert.

Wir hören das nächste Stück. Ich gebe Ihnen jetzt bewußt keine großartigen Hilfestellungen, sage nur, daß unser Wahrnehmungsmechanismus so angelegt ist, daß wir irrelevante oder sinnlose Informationen nicht verarbeiten und wir möglicherweise Probleme haben, wenn wir nach Zusammenhang suchen, der sich für uns womöglich nicht erschließt.

Luciano Berio Sequenza III für Stimme solo.

Ich sprach von sinnlosen Informationen. Der gerade gehörte Text wurde verfremdet:

give me a few words for a woman

to sing a truth allowing us to build

a house without worrying before night comes

Er erschließt sich nicht in der gleichen Weise wie das anfangs gehörte Werk von Schönberg. Ein unmittelbares und konventionelles Verständnis des Textes kann beim einmaligen Hören nicht vorausgesetzt werden. Wir erinnern uns an die hübsche Dame mit der sanften Stimme. Es ging schließlich nicht mehr um die Frage wie ich ins Theater komme, sondern ich habe Lust einem Klang zu lauschen unabhängig vom Sinn des vordergründig Mitgeteilten. So geht es auch in der Neuer Musik nicht in jedem Falle mehr um das sinnvolle Ordnen konkreter Tonhöhen, wie wir es noch aus der Musik des letzten Jahrhunderts oder in der unterhaltenden Musik gewohnt sind, sondern um Klänge, um die Dichte von Impulsen, um Dramaturgie, vielleicht sogar um die Verweigerung von Kommunikation oder um die Negation von Musik als Kunst. Eine Fülle von spannenden kompositorischen Ansätzen tun sich auf...

Ich verweise nun die Ihnen vorliegenden Kopien. Zunächst sehen wir auf einer Kopie einen Ausschnitt aus dem Vorwort. Wir sprechen von der Vordisposition des Materials...Erläuterungen....

Nachdem das Material vorgeordnet ist beginnt Berio zu komponieren. Er verwendet sowohl die von ihm konzipierten Zeichen als auch konventionelle Notenschrift. Wir hören den Beginn des Beispiels noch einmal.

Zum Zuhören gehört Zuhörenergie... ????

In den meisten musikalischen Komposition läßt sich ein Spiel mit den beiden Polen Labilität und Stabilität ausmachen. So kann der mus. Parameter Rhythmus stabil sein, aber Tonalität labil (Beispiel), andererseits ist auch denkbar, den Rhythmus labil zu konstruieren, die Tonalität stabil zu halten (Beispiel). Beide Parameter können stabil sein (Beispiel) oder labil (Beispiel). Denkbar sind kontinuierliche Metamorphosen zwischen diesen Extremen oder sprunghafte Wechsel...

Das nächste Beispiel von Pierre Schaffer/ Pierre Henry spielt mit Labilität und Stabilität als mehr oder weniger fester Struktur. Donaueschingen Cds

Eine große Schwierigkeit des Hörens Neuer Musik besteht darin, daß bestimmte ängstliche Gemüter grundsätzlich labile Strukturen ablehnen. Ein derartiges Wahrnehmungsverhalten, ist z.B. nach Konzerten mit Neuer Musik vor einem nicht darauf eingestellten Publikum zu beobachten ist, bezieht sich dann - die Gespräche zeigen es - oft auch auf andere Bereiche.

In der Antike und im frühen Mittelalter wurde die Musik ähnlich wie die Mathematik als Grundlagenwissenschaft definiert:

Musik ist die Wissenschaft von der rechten Gestaltung. (Augustinus 354-430, wörtlich so auch bei Aurelianus Reomensis; 9. Jh.)

Ich modifiziere: Musik ist die Wissenschaft von der Gestaltung labiler und stabiler Strukturen. Dies beinhaltet nach antiker Auffassung die Gestaltung von Literatur, Sprache, Architektur, Bildender Kunst, Malerei und heute auch den Film. Auch die Gestaltung von labilen oder stabilen Strukturen in politischen Systemen wie der Demokratie oder dem Gegenpol Faschismus ist eingeschlossen. Aufgrund dieser Zusammenhänge ist es kein Wunder, daß die Neue Musik, die auf labilen Strukturern basiert, innerhalb stabiler politischer Strukturen als sog. "entartete Kunst", abgelehnt wird (erstmals übrigens auch in Wien bei der UA der Kammersymphonie Schönbergs im Jahre 1907!!).

Es hat sich gezeigt, daß die hierarchischen und kategorialen Strukturen der Wahrnehmung uns immer wieder glaubhaft machen wollen, wir sollten uns besser an das Altvertraute halten, an Strukturen, die uns stabil erscheinen. Tatsächlich findet Lebendigkeit da statt, wo neue Wege eingeschlagen werden und Wahrnehmung sich selbst in frage stellt!

Wir hören das letzte Beispiel: John Cages Souvenir und wenn Sie Schlagworte lieben, wäre hier der Begriff Postmoderne angebracht. Darmstadt!!! Cds.

Überwiegend versöhnliche Töne, wie sie sie auch heute Abend um 20.00 Uhr bei dem Konzert mit minimal music des Ensembles "in process" hören können

Lassen sie mich noch abschließend sagen: Es ist eine Fortsetzung dieser Vortragsveranstaltung unter dem Titel "Neugierig werden auf Musik..." geplant, bei der mehr auf Details eingegangen werden kann. Wenn ich heute versucht habe, im fast undurchdringlichen Dickicht der Neuen Musik einige Beobachtungen bei der Wahrnehmung anzudeuten, möchte ich nochmals betonen, daß damit nur ein geringer Ausschnitt der möglichen Rezeption und den damit verbundenen Wahrnehmungsmechanismen aufgezeigt wurde. Die GZM möchte einladen, sich auf die vielfältigen Möglichkeiten auch von Experimentellem einzulassen. Gerne können sie die großen Anthologien von Darmstadt und Donaueschingen bei uns auch anhören. Vereinbaren Sie einen Termin! Wir können versprechen, daß zeitgenössische Musik oft provoziert, oft begeistert, aber selten langweilt.

Anhang