Neugierig werden auf die Musik von Alban Berg

Vortrag mit Musikbeispielen am 21.10.2001 in der Klangbrücke Aachen

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Inhalt

1. 1900 - Erste Kompositionen

2. 1904 - Lehrzeit bei Schönberg

3. 1913 - Altenberg-Lieder - Ein Skandal

4. 1914 - Drei Orchesterstücke

5. 1917 - Wozzeck

6. 1923 - Dodekaphone Kompositionen

7. 1928 - Lulu

8. Werkanalyse am Beispiel einiger Lieder

9. Werkverzeichnis

10. Anmerkungen

1. 1900 - Erste Kompositionen

Geboren am 9. 2. 1885 in Wien als Sohn eines Buchhändlers, zählt Alban Berg neben Anton von Webern zu den bedeutendsten Schülern Arnold Schönbergs. Bereits mit 15 Jahren begann er, erste Lieder nach romantischen und spätromantischen Vorbildern zu komponieren. Bis 1908 entstanden etwa 140 Lied- und Instrumentalkompositionen.

Bergs Jugend war geprägt von seinem erstmals 1900 auftretenden Asthmaleiden und dem frühen Tod seines Vaters. Eine unglückliche Liebschaft und eine mißglückte Reifeprüfung (1903) führten zu einem Selbstmordversuch. Nach der beim zweiten Anlauf bestandenen Matura war er von 1904 bis 1906 als Beamter (Rechnungspraktikant) in der niederösterreichischen Landesregierung tätig, bevor es ihm 1906 eine Erbschaft ermöglichte, diesen Beruf aufzugeben.

2. 1904 - Lehrzeit bei Schönberg

Von 1904 bis 1910 war Alban Berg Schüler von Arnold Schönberg und stand in einem Naheverhältnis mit dem Komponisten. So fertigte er etwa den Klavierauszug zu Schönbergs Oratorium "Die Gurrelieder" an und betreute während Schönbergs Abwesenheit die Vorbereitungen zur Uraufführung des Werkes unter der Leitung von Franz Schreker 1913. Berg verfaßte auch einen analytischen Führer zu den "Gurreliedern".

3. 1913 - Altenberg-Lieder - Ein Skandal

Die Tätigkeit für Schönberg ließ Berg wenig Zeit zum eigenen Komponieren. 1907/08 entstanden die Klaviersonate op. 1, 1909/10 die "Vier Lieder" op. 2, wobei Berg im vierten Lied die Grenzen der Tonalität bereits verläßt, und das Streichquartett op. 3, ein sehr persönliches Werk, in dem der Komponist seiner Liebesbeziehung zu Helene Nahowski (Heirat am 3. 5. 1911) musikalischen Ausdruck verleiht, sowie die "Altenberg-Lieder" op. 4, die wegen ihrer unkonventionellen Handhabung der Instrumente und bislang nie gehörter Instrumentaleffekte bei ihrer Uraufführung einen beispiellosen Skandal auslösten. (Die Gesamtaufführung der Lieder fand erst 1952 unter der Leitung von Jascha Horenstein in Rom statt.) ZITAT rororo S. 53 und KLANGBEISPIEL. Noch vor dem Konzert hatte Berg "Vier Stücke für Klarinette und Klavier" op. 5 vollendet, in denen er - in zeitlicher Nachbarschaft mit den miniaturhaften Werken Schönbergs und Weberns - mit der Verknappung musikalischen Ausdrucks und dem daraus entstehenden aphoristischen Lyrismus experimentiert.

4. 1914 - Drei Orchesterstücke

Sowohl durch den Skandal bei der Aufführung der "Altenberg-Lieder" als auch durch Schönbergs harte Kritik entmutigt, trat eine Schaffenskrise ein. Trotz Depression arbeitete er vor, während und nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges an "Drei Orchesterstücke" op. 6, die auf eine ältere Idee, eine Symphonie zu schreiben, zurückgehen, und diesen Gedanken mit Schönbergs früherem Vorschlag, eine Suite von Charakterstücken zu schreiben, verbinden. 1915 wurde Alban Berg zum Militärdienst eingezogen. Sein kompositorisches Schaffen war für mehr als zwei Jahre stillgelegt. 1916 bis 1918 versah er Dienst im Kriegsministerium.

5. 1917 - Wozzeck

1914 wohnt Alban Berg einer Aufführung von Georg Büchners Dramen-Fragment "Woyzeck" bei und fertigte erste Skizzen und Entwürfe zu seiner Oper "Wozzeck" an, deren Komposition ihn in den nächsten sieben Jahre beschäftigen sollte. Die Oper "Wozzeck", deren Ausarbeitung Berg 1917 wieder aufnahm, setzte nach der Überwindung der Operndramaturgie Richard Wagners und Richard Strauss' neue Maßstäbe für das expressionistische Musikdrama und begründete den Typus der "Literaturoper", einer speziellen Gattung des Musikdramas, das auf literarische Vorlagen zurückgreift. Jedem der drei jeweils fünf Szenen umfassenden Akte liegt ein formales Schema zugrunde. So besteht der erste Akt aus fünf Charakterstücken, der zweite Akt stellt eine fünfsätzige Symphonie dar, der dritte setzt sich aus fünf Inventionen zusammen. Mit der geschlossenen zyklischen Struktur der Akte korrespondiert auch der strenge formale Aufbau der einzelnen Szenen. Nach den vom Publikum zurückhaltend aufgenommenen Aufführungen der ganzen Oper in Berlin (1925), Prag (1926) und Leningrad (1928) brachte erst die Aufführung in Oldenburg (1929) den Durchbruch, und Wozzeck, eines der bedeutendsten Werke des deutschen musikalischen Expressionismus, wurde (mit 166 Aufführungen allein bis 1936) ein beispielloser Erfolg in der Geschichte der Neuen Musik. Am 25.3.1930 fand die Aufführung des Wozzek in Aachen statt. Zitate

6. 1923 - Dodekaphone Kompositionen

Wie auch sein Freund und ehemaliger "Mitschüler" Anton von Webern griff Berg sofort nach Bekanntwerden Schönbergs "Zwölftontechnik" auf. Wandte er in der Zwölfton-Bearbeitung seines frühen Liedes "Schließe mir die Augen beide" (Text: Theodor Storm) die Dodekaophonie noch in sehr einfacher Weise an, so nutzte er sie in späteren Kompositionen wie z.B. dem "Kammerkonzert für Geige und Klavier mit dreizehn Bläsern" (1923-1925) weitaus gekonnter und diffiziler. 1925 begegnete Berg Hanna Fuchs-Robettin, mit der ihn eine bis an sein Lebensende andauernde Liebesbeziehung verband. In der "Lyrischen Suite" für Streichquartett (1925/26) verewigte er diese heimliche Affaire musikalisch. Bei Alban Berg verbinden sich - im Unterschied zu Schönberg und Webern - in der Anwendung der Zwölftontechnik expressionistischer Gestus mit spätromantisch anmutendem, emotionalem Anspruch zu einer untrennbaren Einheit. Dies zeigt sich auch in der für die Sängerin Ruzena Herlinger geschriebene Konzertarie "Der Wein" (Text: Charles Baudelaire in der Übersetzung von Stefan George, 1929), vor allem aber im "Violinkonzert 'Dem Andenken eines Engels" (1935), das der frühverstorbenen Manon Gropius, der Tochter von Alma Mahler-Gropius-Werfel gewidmet ist.

7. 1928 - Lulu

1928 begann Berg mit der Arbeit an seiner zweiten (unvollendeten) Oper "Lulu". 1905 hatte Berg einer Aufführung von Frank Wedekinds Tragödie "Die Büchse der Pandora" beigewohnt, die ihm (zusammen mit "Erdgeist") als dramatische Vorlage für seine Oper diente. Im Unterschied zum freitonal gestalteten "Wozzeck" basiert "Lulu" auf einer einzigen Zwölftonreihe. In grellen Bildern und mit vielschichtiger Musik schildert Berg den Aufstieg und Fall einer "Femme fatale", deren Faszination die Männerwelt erliegt, um schließlich an ihr zu zerbrechen, bevor Lulu selbst Opfer eines Lustmörders wird. Die Arbeit an diesem Werk gestaltete sich mühsam und war von ständigen Selbstzweifeln und dem sich verschlechternden gesundheitlichen Zustand Bergs geprägt, die die Fertigstellung verzögerten.

Alban Berg starb am 24. Dezember 1935 in Wien an den Folgen eines Insektenstiches. Er hinterließ nur zwei Akte sowie zahlreiche Skizzen zum dritten Akt. Sowohl Schönberg als auch andere Komponisten, die Berg nahestanden, lehnten es ab, das Werk anhand der vorhandenen Skizzen zu vollenden. Erst 1979 stellte der österreichische Komponist Friedrich Cerha die Oper fertig.

8. Werkanalyse am Beispiel einiger Lieder (eventuell Violinkonzert)

Schilflied

motivische Arbeit und romantische Harmonik

Altenberglied op. 4,5 CD Nr. 15

Schließe mir die Augen beide

Dodekaphonie

Violinkonzert Henryk Szerynk, Violine, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Ltg. Rafael Kubelik,

Im Frühjahr 1935 erhielt Berg von dem amerikanischen Geiger Louis Krasner den Kompositionsauftrag für ein Violinkonzert. Zur gleichen Zeit starb Alma Mahlers 18jährige Tochter Manon, ein Ereignis, das Berg tief berührte: der sonst sehr langsam arbeitende Künstler komponierte wie im Fieber, und das "Dem Andenken eines Engels" gewidmete Werk war in nur wenigen Wochen fertig konzipiert. In diesem heute vielgespielten Werk verbanden sich Zwölftontechnik und traditionelle Klänge mit einer eigenständig neuartigen und gleichwohl strengen Formanlage. Die Uraufführung seines Violinkonzerts -1936 in Barcelona - erlebte Berg nicht mehr

CD Nr. 1, 9.51 Kärtner Volksweise Partitur S. 44

CD Nr. 2, 6.50 Choral Partitur S. 80

Stimmen in C notiert.

Alban Berg op.2

In deutlicher Brahms- und Strauss-Nachfolge stehen die frühen Lieder Alban Bergs. Dem expressionistischen Ausdrucksbedürfnis tragen sie durch erweiterte Tonalität und expressive Vielfalt auf kleinstem Raum Rechnung.

Im ersten Lied bereiten pendelnde Quinten in d-moll (Todestonart z.B. bei Schubert) eine träge, müde, von Todessehnsucht geprägte Ausgangsstimmung. Die Gesangsstimme scheint darin wie gefangen, alle Ansätze, eine weiterführende Melodie zu entwickeln, sind vergeblich. Belebter in Umfang und Dynamik gestaltet sich der Mittelteil (das "Erinnern"): Ein großer Bogen spannt sich, bis mit "Lebens Fülle" ein Höhepunkt erreicht ist - danach führt er in einem kurzen Klaviernachspiel zurück in die müde Ausgangsstimmung .

Nachdenklich, träumend ist das zweite Lied. In der formalen Anlage ähnlich wie das erste Lied erscheint hier zu Beginn und am Ende dieselbe melodische Wendung in der Stimme ("in mein Heimatland"). Klar zu erkennen ist im kurzen, sich entwickelnden Mittelteil eine Melodieführung, die unmittelbar den Text deutet: "Gipfel - Schlünde" entsprechend hohe und tiefe Melodieführung.

Kompositorischen Zusammenhalt im dritten Lied gewährt u.a. ein majestätisch - herrisches Leitmotiv, das dem Wort "Riesen" beigegeben ist. Dieses kehrt im Lauf des Stückes entsprechend dem Textinhalt in immer schwächerer Form wieder und macht einer Todessehnsucht (ausgehend wiederum von einer d-Moll-Tonalität) Platz.

Im vierten Lied ist die Tonalität noch stärker erweitert als in den ersten drei Liedern. Lautmalerische Elemente im Klavier, so z.B. Arabesken bei "es flötet die Nachtigall" oder kristalline Klänge bei "Schnee", plötzliches Drängen, Aufbauen und Ausbrechen bei "er kommt noch nicht", darauf folgendes Fallen in die tiefste Lage des Klaviers sowie ein anschließender ruhiger Epilog sind Mittel, mit denen der Komponist in kleiner Form eine große Ausdrucksbandbreite schafft.

Die Lyrische Suite für Streichquartett (1925/26) besteht aus sechs Sätzen, deren Ausdrucksbezeichnungen einen fächerförmigen dramaturgischen Plan erkennen lassen: einerseits steigend in den Sätzen I, III, V: Allegretto gioviale - Allegro misterioso - Presto delirando, andererseits fallend in den Sätzen II, IV, VI: Andante amoroso - Adagio appassionato - Largo desolato. Ein geheimes Programm, das 1974 entschlüsselt wurde (Constantin Floros) und inzwischen durch handschriftliche Quellen verifiziert worden ist, verweist auf einen autobiographischen Hintergrund dieser ausdrucksstarken Musik. Zugleich handelt es sich um die eher objektive Darstellung des Themas "Liebestod", wie dieses in der musikalischen und sonstigen Kunstgeschichte immer wieder behandelt worden ist.

Peter Petersen

9. Werkverzeichnis

10. Anmerkungen

Die obigen Texte entstammen größtenteils dem Internet und wurden hier korrigiert, modifiziert und beim Vortrag mündlich weiter ausgeführt.